Kritiken

zu «Un ballo in maschera»

Mannheimer Morgen , 25. Januar 2000 - Bernd Zegowitz
Die Regisseurin Waltraud Lehner kann sich sowohl auf die Partitur als auch auf das Textbuch beziehen, um ihre überzeugend stringente, durchchoreographierte Interpretation der Oper als grandiosen Totentanz zu rechtfertigen. Lehner setzt die Requisiten konsequent als Todessymbole ein, die Figuren fungieren als Schicksalsträger oder Medium unterirdischer Mächte. So wird eine Nebenfigur zum Initiator und Lenker des Geschehens. Der Page Oskar ist gewissermaßen ein Todesbote, der den Handlungsverlauf nach Belieben bestimmt. Er erinnert, gibt Hinweise, verschiebt, setzt ein und spielt ruhig mit dem Stundenglas. Die Zeit verrinnt.
Rhein-Neckar-Zeitung , 25. Januar 2000 - Rainer Köhl

Ein veritables Verdi-Fest bot sich den Premierenbesuchern im Theater der Stadt Heidelberg mit der Neuinszenierung der Oper "Un ballo in maschera".
Diese überaus geistreiche Inszenierung von Waltraud Lehner spitzt den Konflikt der Handlung in starken Bildern zu. Frappierende Bilder finden die Regisseurin und ihre Ausstatterin Petra Strass immer wieder, um mit wenig Aufwand sehr viel zu sagen.
Dass die Oper mit besonderem Recht "Ein Maskenball" heißt und dass sich der Titel nicht allein auf das Schlussbild beziehen, hat die Regisseurin absolut überzeugend eingefangen – auf einem Maskenball befinden sich hier alle und zwar von Anfang an – wahrlich prachtvolle Kostüme hat Petra Straß dazu entworfen. Durch eine überaus kluge Personenführung hat sich schon Waltraud Lehners Heidelberger Inszenierung von "Madama Butterfly" ausgezeichnet – ein Eindruck, der nun noch verstärkt wird durch ein außerordentlich hellsichtig durchleuchtetes Geflecht menschlicher Beziehungen, von Rollen – und Maskenspielen, Projektionen der Seele. Konventionen, Masken, unter denen hier alle erstarrt sind, Visionen des Unterbewusstseins, Verdrängungsmechanismen – solche Problematik lässt die Regie mit sehr genauem psychologischen Gespür aufleuchten, in einer überaus eindringlichen Bildersprache von oftmals verblüffender Wirkungsmacht. Mit tieferem Sinn wird die Drehbühne genutzt, die Personen werden zu Statisten, mit denen das Schicksal Karussell fährt. Und wie schön man auf der Bühne sterben kann, das hat man sicherlich kaum sonst wo eindringlicher gesehen.

Heilbronner Stimme , 26. Januar 2000 - Theophil Hammer
Waltraud Lehners schlüssige Inszenierung von Verdis "Maskenball" am Theater der Stadt Heidelberg versteift sich nicht auf die Frage, wo und wann die 1859 uraufgeführte Oper spielt. Mit ganz wenigen, wechselnden Versatzstücken wird der jeweiligen Situation Rechnung getragen.
Wie sehr die Regisseurin das Innenleben der Figuren vorzieht, zeigt sich im letzten Bild. Nachdem alle Ballbesucher auf der Drehbühne abgetaucht sind, stehen sich nur noch Riccardo und Amelia Aug in Aug gegenüber. Die Welt um sie herum ist buchstäblich versunken.
SWR Mannheim Radio , 26. Januar 2006
Die Städtische Bühne Heidelberg besitzt jetzt eine weitere sehens- und hörenswerte Verdi-Oper. Waltraud Lehner lässt ihre Neuinszenierung des keineswegs karnevalistischen, vielmehr mörderischen Stücks langsam anlaufen, zum Ende hin aber verdichtet sich die Dramatik in grandioser Weise.