Kritiken

zu «Kritiken zu "Le nozze di Figaro"»

Süddeutsche Zeitung , 10. Juli 2012 - Klaus Kalchschmid

sz kritik figaro

OVB , 3. Juli 2012
Ein turbulenter toller Tag

Premiere der "Hochzeit des Figaro" beim Opernfestival Gut Immling

In der zweiten Opernpremiere des Opernfestivals Gut Immling nimmt die Regisseurin Waltraud Lehner sowohl die Gattungsbezeichnung "Opera buffa", also komische Oper, als auch den Untertitel ernst und setzt auf Buffonerie, turbulente Umtriebigkeit, gute Laune, Witzig- bis Aberwitzigkeit, Harlekinade. Manchmal schwappt die Überdrehtheit ins Ernste, wenn die Bunnies bei Figaros Militär-Arie den wirklichen Krieg samt Toten nachspielen und so die Kriegs-Verharmlosung der Arie konterkarieren. (...)

Zusammen mit dem projizierten mitlaufenden deutschen Text macht die Regisseurin die äußerst komplizierte Handlung klar und sorgt für dauernden Wirbel auf der Bühne, so dass dieser tolle Tag sehr kurzweilig ist. Der letzte Akt wirkt wie ein sinn- und sinnenverwirrender Sommernachtstraum.

Aber mehr als Worte sagt hier die Musik: Die Ouvertüre beginnt mit bebender Verve, das "Festivalorchester Gut Immling" spielt unter der hellwachen Leitung von Cornelia von Kerssenbrock handfest bis robust, aber mit großer Farbenvielfalt, vor allem bei den hervorragenden Bläsern.

Die spielfreudigen Sänger sind eine Augen- und Ohrenweide und singen alle auf hohem Niveau. Adrian Marcan ist ein wahrer Macho-Graf, ein echtes Mannsbild mit virilem Bariton, dem man seinen erotischen Spieltrieb nur zu gern glaubt. Der hell-warme und sehr beweglich geführte Bariton des Figaro (Adam Kim) passt gut ins Regiekonzept (...). Sieglinde Zehetbauer aus Rosenheim, als Gräfin eine elegante Erscheinung, begann etwas aufgeregt, wurde dann zusehends sicherer und erntete mit ihrer innig gesungenen "Dove-sono"-Arie spontanen Applaus.

Ins Zentrum des Geschehens und der Zuschauergunst sangen sich die Susanna und der Cherubino: Debra Stanley ist eine allerliebst anzusehende und sehr kokette Susanna mit einem warm leuchtenden und tragenden Sopran, den sie geschickt einsetzt, je nach Situation kapriziös oder lyrisch lockend. Als Cherubino agierte die junge Tijana Grujicic brillant, sehr überzeugend changierte sie zwischen pubertärer behaupteter Coolness und unstillbarem juvenilem Liebesdrang, ihr warmer Mezzo hat ein verführerisches Timbre und viele Klangfarben.

Auch die Nebenrollen waren hervorragend besetzt: Jacek Janiszewski, dem alten Immling-Kämpen, machte seine Rolle als Bartolo sichtlich Spaß. Als seine Marcellina drehte Antonela Barnat komödiantisch auf. Für den Basilio hat Alik Ibrahimov einen fast zu wohlklingenden Tenor. Jenisbeck Piyazov amtierte als schön singender Gärtner. Jennifer Riedel erfreute mit einem üppigen Sopran und Andreas Smettan aus Flintsbach mit einem hellen Tenor.

Die Premierenbesucher spendeten am Ende langen und herzlichen Applaus.